STORIES BERATUNGSSTELLE FÜR FAMILIENPLANUNG, SCHWANGERSCHAFT UND SEXUALITÄT

Sie sind geplant oder ungeplant schwanger und mit vielen Fragen konfrontiert? Oder Sie sind ungewollt kinderlos? Sie wohnen im Kanton Thurgau? Die folgenden Stories erzählen anonymisierte jedoch wahre Geschichten betroffener Personen.

Alexandra 21

Claudia Familienplanung

Bald zu zweit

Ich lebe in einer Einrichtung für psychisch beeinträchtigte Menschen. Wenn es mir später besser geht, möchte ich selbstständig und unabhängig wohnen. Seit einigen Monaten bin ich mit Peter zusammen, der auch in unserer Institution lebt. Nun bin ich schwanger. Peter denkt, dass er zu wenig stabil sei, um dem Kind ein guter Vater zu sein. Ich jedoch freue mich auf das Baby. Ich spüre, wie es mir Kraft gibt und sehe wieder einen Sinn im Leben.

Meine Betreuerin und auch meine Beiständin erkennen diese positive Veränderung. In dieser Institution kann ich mit dem Baby jedoch nicht bleiben. Ich möchte aber mit meinem Kind zusammen sein, auch wenn ich vorläufig noch auf Hilfe angewiesen bin. Was habe ich für Möglichkeiten? Welche Art von Unterstützung gibt es?

Petra 35

Claudia Familienplanung

Umdenken

Seit vier Jahren bin ich Single. Über Kinder und Familie habe ich mir nie wirklich Gedanken gemacht. Ich arbeite im Verkauf und mein ganzer Stolz ist meine Loftwohnung, welche ich mir vor zwei Jahren geleistet habe. Zugegeben, die Miete ist sehr teuer, aber ich brauche sonst nicht viel. Vor zwei Monaten war ich an der Party einer Freundin. Ich hatte Sex mit einem Mann, den ich nur flüchtig kenne. Das Kondom ist geplatzt und ich habe tags darauf die Pille danach genommen. Als ich meine Tage nicht bekam, war ich nicht wirklich alarmiert, denn seit ich die Pille abgesetzt habe, ist mein Zyklus nicht mehr so regelmässig. Nach zwei Wochen machte ich dann doch einen Schwangerschaftstest, den ersten in meinem Leben. Ich war schockiert. So etwas konnte mir doch unmöglich passieren. Ich vereinbarte sofort einen Termin bei meiner Gynäkologin. Auf dem Ultraschall sah ich den Herzschlag. Da passierte irgendetwas mit mir. Ich wusste: Ich möchte dieses Kind behalten.

Zu Hause begann sich alles in meinem Kopf zu drehen. Wie soll ich das schaffen? Bekomme ich Unterstützung? Wie teile ich meine Entscheidung dem Kindsvater mit? Was davon ist gesetzlich geregelt?

Maria 19

Claudia Familienplanung

Noch zu jung

Vor drei Jahren bin ich mit meiner Mutter in die Schweiz gekommen, da sie einen Schweizer geheiratet hat. Die Anfangszeit war für mich sehr schwer, da ich kein Wort Deutsch konnte. In der Zwischenzeit habe ich die Schule abgeschlossen und sogar eine Praktikumsstelle gefunden. Allenfalls bekomme ich sogar eine Lehrstelle hier. Seit einigen Monaten habe ich auch einen Freund. Er ist im ersten Lehrjahr. Nun bin ich schwanger. Ich liebe meinen Freund, aber ich möchte auf keinen Fall ein Kind. Ich fühle mich noch zu jung. Mein Freund versteht meine Entscheidung und unterstützt mich.

Mit meiner Mutter und dem Stiefvater kann ich nicht darüber sprechen. Sie beide finden, Abtreibung sei Mord. Ich weiss nicht, an wen ich mich wenden kann. Wer bezahlt diesen Abbruch und müssen meine Eltern zwingend davon erfahren?

Julia 42

Claudia Familienplanung

So oder anders?

Als ich vor drei Jahren Nico kennengelernt habe, hatte ich drei Kinder im Alter von 13, 10 und 9. Ich hatte mich soeben von ihrem Vater getrennt. Nico hatte ein zwölfjähriges Kind, welches jedes zweite Wochenende bei ihm war. Unsere Zeit zusammen war sehr schön und unbeschwert. Stress gab es leider immer wieder mit meinem Exmann, der sehr unzuverlässig war und die Kinder an den vereinbarten Wochenenden nicht immer zu sich nahm. Das heisst Nico und ich hatten wenig Zeit alleine für uns.

Nach einem Jahr entschieden wir uns trotzdem für ein gemeinsames Kind. Ich wurde schnell schwanger und hatte eine problemlose Schwangerschaft. Die Anfangszeit mit unserem Säugling war sehr anstrengend. Er weinte viel und schlief schlecht. Beide waren wir der Ansicht, dass unsere neue Familie nun komplett sei. Als ich vor zwei Wochen meine Tage nicht bekommen habe, war das ein grosser Schock für mich. Seit dem positiven Schwangerschaftstest bin ich nur noch verzweifelt. Als ich Nico davon erzählte, war er sehr gefasst und erinnerte mich daran, dass wir uns einig waren: keine weiteren Kinder. Das wäre in jeder Hinsicht eine zu grosse Belastung für unsere Beziehung. Ich kann aber einfach keinem Schwangerschafts
abbruch zustimmen. Ich habe grosse Angst um unsere Beziehung.

Claudio 29

Claudia Familienplanung

Kind und Kündigung

In unserem Heimatland habe ich studiert. Bei uns sind die Chancen, eine Arbeit zu finden, sehr klein. Ohne Geld eine Familie zu gründen ist verantwortungslos. Meine Frau und ich haben vor zwei Jahren entschieden, unsere Familien und unser Land zu verlassen und in die Schweiz zu kommen. Ich erhielt eine Stelle als Mitarbeiter in der Landwirtschaft. Simona war anfänglich noch zu Hause, fand dann eine Arbeit in der Gastronomie. Dies nicht zuletzt aufgrund ihrer guten Deutschkenntnisse. In unserer Heimat lernte sie Deutsch im Nebenfach.

Bald schon merkten wir, dass die Lebenshaltungskosten hier sehr hoch sind und das Geld rasch knapp wird. Nach einigen Monaten wurde Simona schwanger. Sie informierte ihren Arbeitgeber und hoffte, ihre Stelle auch nach dem Mutterschaftsurlaub behalten zu können. Aufgrund des Coronavirus musste ihr Betrieb vorübergehend schliessen. Als sie kurz nach der Geburt um eine Reduktion ihres Arbeitspensums für den Wiedereinstieg nach dem Mutterschaftsurlaub bat, kam ihr der Arbeitgeber nicht entgegen. Er sagte, es gebe sowieso zu wenig Arbeit und sie bräuchte nicht mehr zu kommen. Wir haben jedoch schon gehört, dass eine Kündigung während dem Mutterschaftsurlaub missbräuchlich sei. Leider kennen wir uns mit dem schweizerischen Arbeitsgesetz zu wenig aus.

Claudia 19

Claudia Familienplanung

Die Verantwortung war zu gross.

Vor drei Monaten ist unser Sohn Diego zur Welt gekommen. Er war kein Wunschkind, aber wir haben uns für ihn entschieden. Ich bin im dritten Lehrjahr. Mein Freund Kevin ist 26. Er war lange Zeit arbeitslos. Seit einigen Wochen hat er wieder eine Festanstellung. Noch fünf Monate bis zu meinem Lehrabschluss! Diese Monate würden finanziell sehr knapp werden, das war uns bewusst. Auch die psychische Belastung mit Lehrabschluss, Arbeit, Schule und Baby würde hoch sein. Aber wir wollten es schaffen. Diegos Lächeln gab uns Mut.

Nun ist Kevin weg. Er hat uns alleine gelassen. Die Verantwortung war zu gross für ihn. Er hatte viele Schulden. Das wusste ich nicht. Ich bin so verzweifelt. Wie soll ich das alleine schaffen?

Viviana 17

Viviana Familienplanung

Sie würden mich verstossen.

Seit einem Jahr kenne ich Oliver. Er ist gleich alt wie ich. Wir sind ein Paar. Unsere Beziehung müssen wir geheim halten. Meine Eltern wollen nicht, dass ich mich mit einem Schweizer Jungen treffe. Ausserdem finden sie, ich sei noch zu jung für einen Freund. Nun bin ich schwanger. Es ist ein Schock. Oliver ist lieb. Er will mich unterstützen. Er sagt, wir schaffen das. Er möchte mit meinen Eltern sprechen.

Ich bin hin- und hergerissen. Meine Eltern werden mich verstossen. Ich habe die Ehre meiner Familie beschmutzt. Ich kann mit niemandem sprechen. Jede Nacht weine ich. Ein Schwangerschaftsabbruch ist eine Sünde. Dennoch entscheide ich mich dafür. Ich kann ohne meine Familie nicht leben. Ich kann ihnen das nicht antun, ich liebe sie. Oliver kann meinen Entscheid nicht verstehen.

Petra 43

Petra Familienplanung

Ein Kind mit einer Behinderung?

Ich bin in der zwölften Woche schwanger. Mein Partner und ich haben uns so sehr ein Kind gewünscht. Nach zwei Fehlgeburten und langem Warten hat es nun endlich geklappt. Wir sind überglücklich. Der erste Trimester Test gibt keinen Anlass zur Beunruhigung. Dennoch entscheiden wir uns aufgrund meines fortgeschrittenen Alters für einen zusätzlichen Bluttest. Das Resultat ist niederschmetternd. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für Trisomie 21.

Für mich bricht eine Welt zusammen. Für meinen Partner ist klar, «ein Kind mit einer Behinderung, das schaffen wir nicht».Wenn ich diese Schwangerschaft abbreche, werde ich kein Kind mehr bekommen. Was soll ich tun? Ich bin verzweifelt.

Natascha 31

Natascha Familienplanung

Ich möchte ein Kind haben. Jetzt.

Wir sind seit sechs Jahren ein Paar. Vor zwei Jahren haben wir geheiratet. Von Anfang an war uns klar: Wir möchten Kinder. Jetzt bin ich am Boden zerstört. Seit unserer Hochzeit probiere ich schwanger zu werden. Viele meiner Freundinnen sind schwanger oder haben bereits Kinder. Meine Schwägerin bekommt in zwei Monaten ihr erstes Kind – und ich werde Tante. Ich kann mich überhaupt nicht darauf freuen.

Wir waren beim Arzt und haben uns untersuchen lassen. Die Resultate geben keinen Anlass zur Beunruhigung. Mit einer Hormontherapie zu beginnen, findet der Arzt zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht. Silvio sieht das genauso. Er sagt, ich solle uns Zeit geben. An meiner Arbeitsstelle bin ich nicht besonders glücklich. Dennoch möchte ich jetzt die Stelle nicht wechseln, da ich ja ein Kind haben will. Meine Gedanken kreisen Tag und Nacht um unseren unerfüllten Kinderwunsch. Ich merke, ich bin unglücklich. Und wir streiten uns immer öfter.

Alex 24

Alex Familienplanung

Ich als Vater?

Seit einem halben Jahr sind Catja und ich ein Liebespaar. Sie studiert, wie ich, an der Uni. Es war Liebe auf den ersten Blick. Wir fühlten uns wie im siebten Himmel. Die Wochentage sind meist ziemlich stressig – mit Vorlesungen, Sport und Nebenjob zum Geldverdienen. Manchmal sehen wir einander nur kurz am Morgen. Sonntags dagegen stehen wir gerne früh auf. Wir setzen uns dann ganz diszipliniert in die Uni-Bibliothek und lernen. Dafür können wir den Nachmittag zusammen am See oder mit gemeinsamen Freunden verbringen. Wir hatten schöne Monate zusammen und schon Berufspläne geschmiedet für später. – Jetzt ist alles anders.

Ich weiss nicht, wie das passieren konnte. Catja ist schwanger! Das passt überhaupt nicht zu meinen Plänen! Catja findet, ich solle mich nicht so aufregen – sie könne doch einen Schwangerschaftsabbruch machen. Das kommt aber für mich überhaupt nicht in Frage. Ich kann es ethisch nicht verantworten. Aber jetzt Vater werden? Zu diesem Zeitpunkt? Mein Kopf brummt. Ich muss alles mit jemand Neutralem besprechen können, der sich auskennt.